Rigklia 13

 

Rígklia, Messinías, Dytiki Máni, Elláda

 

Die fünfzehnte Woche unserer Reise: Donnerstag, 20. bis Mittwoch, 26. Januar 2022

 

 

 

Uta und Coco schlafen auf den Matratzen, die wir vor einer Woche auf den Boden gelegt haben. Hier kann sich Coco entspannen, hyperventiliert nicht mehr. Die Mahlzeiten bringe ich seitdem ins Schlafzimmer, denn Coco darf keine Treppen steigen. Sie wirkt fröhlich, traute sich aber zunächst kaum, sich zu hinzulegen, denn an Gesäuge, Abdomen und Thorax spürt sie die frisch vernähten Wunden. Während der zurückliegenden Woche gelang ihr aber auch das immer öfter. So kommt sie auch während des Tages zu genügend Schlaf und Ruhe, um die Genesung vorwärtszubringen. Wir weichen ihr nicht von der Seite, beim Zeichnen, Malen, Schreiben. Am Ende der Tage schnuppert das Hündchen etwas verhalten durch den Garten, erledigt seine Bedürfnisse und legt sich wieder zu Uta, die auf dem Boden sitzend auf es wartet.

 

Nach wie vor widmen wir uns dem Malen, Schreiben, diversen Briefen und Videokonferenzen, den Arbeiten im Garten und den Küchenfreuden. Aus übrig gebliebenen Garnelenköpfe und -Schalen koche ich ein Fumet, eine stark reduzierte Fischbrühe. Mit seiner Hilfe veredele ich die beiden schönen Barsche, die der fahrende Fischhändler Bámpis gestern geliefert hat. Nachdem ich die Fische mit Rosmarin gefüllt auf einem Bett aus Kartoffeln und Zitrone gegart habe, gibt das Fumet dem Gericht zusätzlich Geschmack und Körper. Während des Kochens öffne ich alle vier Fenster. Nach Süden hin erstrecken sich schier endlos die Olivenfelder, lose bestückt mit den auf landestypische Art von Naturstein ummantelten Häusern. In Dichte- und Größengradienten weisen sie bis hinunter an das Ionische Meer, das heute ruhig wie ein Spiegel unter einem wolkendurchwanderten Himmel liegt. Trete ich nach rechts, hin zu Utas rotem Sessel-Thron, stehe ich vor dem Fenster, das hinüber nach Àgios Nikoláos und Pýrgos weist. Beide Dörfer reizen bei jedem Anblick mein Gemüt – stets möchte ich sie zeichnen, zuvorderst Pýrgos, das auf einem Felsvorsprung gründende Dörflein. Öffne ich das dritte Fenster, komme ich nachhause. Wann immer sich mein Blick über das Wachbecken erhebt, begegne ich den vertrauten Bewohnern der französischen Provence, dem Sehnsuchtsland meiner Jugend und der späteren Jahre. Spaliere bildend begrenzen dunkle Zypressenreihen Gärten und Weiden, hineingestreut gehören vereinzelte Pinien, zu Häusern und Gehöften wie die Schafe und Ziegen. Stufe für Stufe steigen die immer gleichen Strukturen dem Berg entgegen, dann einem Himmel, dessen Farben sich alle Stunden verändern. Der Blick aus diesem Fenster birgt Gefahren, mitunter kommt mir das Zeitgefühl abhanden. Vier Schritte um den Küchenblock herum und ich stehe vor den Scheiben, hinter denen Poliána, Plátsa und die südlichen Ausläufer des Ταΰγετος-Gebirges locken. Dieser Ausblick weckt angenehme Erinnerungen an unseren Aufenthalt vor zwei Jahren.

 

Heute Morgen ließ ich Coco kurz nach Sonnenaufgang in den Garten spazieren. Seitdem sie operiert wurde, darf sie nicht rennen, keine abrupten Bewegungen machen. Die Nase tief in den Kräutern patrouillierte sie alle Wege ab, die Katzen und Schakale während der zurückliegenden Nacht passiert haben könnten. Im Versuch, einer Bewegung zu folgen, die hinter dem Zaun stattfindet, machte sie plötzlich einen Satz. In ihrem weißen T-Shirt ähnelte sie so der Idee eines kleinen Gespenstes, das die Geisterstunde verpasst hat und nun in den frühen Morgenstunden den Garten des Panteleímonas heimsucht. Man kann sie wirklich nicht aus den Augen lassen.

 

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